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Teil 2 - Fragestellung, Begrifflichkeit und Methode - Merkmalkataloge - Merkmalkatalog für Längsschnittstudien - Feinstruktur - Graphischer Bereich

2-3-11: Anordnungen

Anordnungen von Formen zueinander

Anordnungen von Formen zueinander, welche über rein repetitive oder additive zeichnerische Vorgänge hinausgehen, werden auch als solche bezeichnet. Es ist also zu beachten, dass die nachfolgend genannten Anordnungen nur dann klassifiziert werden, wenn eine entsprechend spezifische und eigenständige graphische Intention mit interpretiert wird. – Der gesamte Aspekt ist in 15 Unterkategorien gegliedert. Ihnen ist eine unspezifische Unterkategorie beigefügt, um zusätzliche Erscheinungen mit einbeziehen zu können: 

Übereinander gezeichnete Formen
Sich überschneidende, überlappende Formen
Aneinander gezeichnete Formen (intendierte Berührung)
Nebeneinander gezeichnete Formen (intendierter Zwischenraum)
Ineinander gezeichnete Formen
Aussparungen von Formteilen
Anpassungen von Formen
Gegenseitige Ausrichtung von Formen
Quasi-regelmässige Streuung
Quasi-regelmässige Reihenbildung
Quasi-parallele Anordnung
Quasi-rechtwinklige Anordnung
Quasi-konzentrische Anordnung
Quasi-Spiegelsymmetrie
Quasi-Proportionen
Andere Anordnunen von Formen zueinander

Die meisten der aufgeführten Bezeichnungen sind selbsterklärend. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich deshalb auf Erläuterungen der Beurteilung solcher Anodnungen in der Untersuchung früher Bilder.

Die Anordnung Übereinander wird hier in allgemeinem Sinne verstanden. Das quasi-vollständige Überdecken zweier Formen ist deshalb nur eine mögliche Erscheinung von mehreren. – Ausgenommen bleiben dabei Überschneidungen.

Zur Kategorie der Überschneidungen zählen einerseits allgemeine Überschneidungen von Formen, andererseits Überlappungen von Formteilen, welche bestimmten und bezeichenbaren Regeln folgen. – Die Bestimmung des Unterschieds von Übereinander und Überschneiden oder Überlappen ist nicht vollständig objektivierbar. In Zweifelsfällen sind die Zuordnungen kommentiert.

Die Anordnung Aneinander entspricht einer intendierten Berührung.

Die Anordnung Nebeneinander entspricht deutlichen und intendierten Zwischenräumen.

Nicht gezeichnete Formteile, welche so interpretiert werden, dass ihre Intention darin besteht, andere Formen nicht zu überschneiden oder zu überdecken, werden als Aussparungen bezeichnet. – Ausgenommen bleiben dabei Anpassungen.

Anpassungen einzelner Formen an andere, ob gegenseitig oder nicht, werden auch als solche bezeichnet. – Ausgenommen bleiben dabei Aussparungen.

Zwei oder mehrere Einzelformen oder Zusammensetzungen, welche so interpretiert werden, dass sie in ihrer Anordnung gegenseitig ausgerichtet wurden, werden dann entsprechend bezeichnet, wenn diese Ausrichtung mehr oder anderes betrifft als die Anordnungen Übereinander, Sich überschneidend, Aneinander, Nebeneinander, Ineinander, Aussparung oder Anpassung.

Drei sich nach einem Reihungsprinzip fortlaufend wiederholende Formen gelten als minimale Anzahl zur Bildung einer Reihe.

Zu einer Quasi-parallelen Anordnung werden nicht nur quasi-parallele Quasi-Geraden gezählt, sondern alle Paare oder Vielfache von Linienführungen, für welche quasi-identische Abstände der Linien an mehreren ihrer Orte erkannt werden können. Darüber hinaus können auch andere Formen oder Zusammensetzungen oder Reihenbildungen als Quasi-Parallelen interpretiert werden. – Ausgenommen bleiben Abbilder zweier oder mehrerer Stifte, welche gleichzeitig mit einer Hand geführt werden und derart zwei Linienzüge erzeugen (siehe Andere Aspekte der Materialität von Stiften).

Quasi-rechte Winkel werden unabhängig davon klassifiziert, ob sie in einem oder mehreren Linienzügen gezeichnet wurden.

Zu einer Quasi-konzentrischen Anordnung gehören die deutliche Setzung eines Quasi-Mittelpunkts oder eine deutliche Ausrichtung auf eine Mitte hin oder deutliche Bezüge zu einer solchen.

Zur Kategorie der Quasi-Spiegelsymmetrie werden in der Regel Einzelformen II, Anordnungen von Formen in einer Zusammensetzung oder Anordnungen von Zusammensetzungen gezählt, für welche die graphische Intention einer Achse interpretiert wird, wobei Letztere zwei gleiche Seiten erzeugt, im Sinne einer (und nur einer) Mittelachse mit sich spiegelnder «linker» und «rechter» Seite. – Ausgenommen bleiben alle Buchstaben und Zahlen. Ausgenommen bleiben auch Frühe quasi-rechtwinklige Linienpaare und Frühe rechtwinklige Linienstrukturen.

Quasi-metrische Verhältnisse von Grössen oder Abständen zweier oder mehrerer Einzelformen oder Zusammensetzungen im Sinne von graphischen Intentionen werden als Quasi-Proportionen bezeichnet. Dazu gehören insbesondere Intentionen wie «gleich gross», «gleich weit», «doppelt», «halb» und Ähnliches.

Ein Teil der Kategorien verhält sich hierarchisch zueinander, und entsprechend wird immer nur die hierarchisch höchste Kategorie zugeordnet; ein anderer Teil hingegen kann sich gleichwertig verhalten, und die entsprechenden Aspekte wurden parallel zueinander klassifiziert. Zur Klärung seien die hierarchischen Verhältnisse einzeln genannt:

Anordnungen von Formen zueinander werden unabhängig davon beurteilt, ob sie in einer Analogie zu Nicht-Graphischem stehen oder nicht. Finden sich beide Arten von Merkmalen, so werden sie parallel zueinander klassifiziert.

In der Zuordnung von Bildern zur Kategorie Quasi-rechtwinklige Anordnung wurde wie erwähnt nicht berücksichtigt, ob die rechten Winkel in einem Linienzug oder aber aus Linien zusammengesetzt gezeichnet wurden. Um zusammengesetzte Winkelbildungen eigenständig zu dokumentieren, wurde eine entsprechende Hilfskategorie (rechtwinklig zusammengesetzte Linienpaare) gebildet.

Anordnung von Formen zur Zeichenfläche

Die Anordnung von Formen in Hinsicht auf Fläche, Ränder und Ecken der Zeichenfläche, welche über rein repetitive oder additive zeichnerische Vorgänge hinausgehen, wird auch als solche bezeichnet. – Dieser Aspekt ist in zwei Unterkategorien gegliedert:

Unspezifische Anordnung zur Zeichenfläche
Spezifische Anordnung zur Zeichenfläche

Findet sich eine vage und sehr allgemeine Platzierung von Einzelformen auf der Zeichenfläche, so wird dies als Unspezifische Anordnung zu ihr oder, als Kurzform und in Anlehnung an eine entsprechende Bezeichnung in der Literatur, als Platzierungsmuster bezeichnet. – Es wird vorausgesetzt, dass eine deutliche Ansammlung mehrerer Einzelformen (drei oder mehr Exemplare derselben Einzelform oder entsprechend viele Exemplare verschiedener Einzelformen) innerhalb des einen Teilbereichs der Fläche und gleichzeitig das Fehlen von Formen innerhalb eines anderen Teils der Fläche zu erkennen ist, wobei die leere Fläche mindestens die Hälfte der Zeichenfläche ausmachen soll. Ausnahmefälle werden eigens kommentiert. – Platzierungsmuster im Sinne von deutlichen Häufungen und Überlagerungen mehrerer einzelner Formen in einem bestimmten Bildbereich sind allerdings schwer zu deuten. In einer morphologischen Untersuchung ist nicht zu klären, ob sie nur auf Grund der Position des zeichnenden Kindes zum Blatt entstehen oder aber einer Intention des Herstellens von Häufung und Leere auf dem Blatt entspringen. 

Findet sich eine Anordnung von Formen, welche sich deutlich auf Form, Ränder oder Ecken der Zeichenfläche bezieht, so wird dies als Spezifische Anordnung zur Zeichenfläche bezeichnet.

Die Anordnung von Formen zur Zeichenfläche wird unabhängig davon beurteilt, ob sie in einer Analogie zu Nicht-Graphischem steht oder nicht. Finden sich beide Arten von Merkmalen, so werden sie parallel zueinander klassifiziert.

Während der Verschlagwortung zeigten sich mehrfach Bilder, für welche ein Platzierungsmuster in einem Teilbereich des Bildes interpretiert werden kann, ohne dafür aber eine genauere Regel angeben zu können, wie diese für die reguläre Kategorie formuliert wurde. Um solche Erscheinungen mit zu dokumentieren, wurde wiederum eine entsprechende Hilfskategorie (Platzierungsmuster Teile) gebildet.

Hinweise zur Vertiefung

  • Band 3, Teil 4